Beim folgenden Text handelt es sich um einen offenen Brief von Herrn Qarar, welchen er während seiner Zeit in U-Haft verfasste. Der Text dieser Online-Ausgabe wurde von ihm selbst danach leicht angepasst, jedoch inhaltlich nicht nennenswert verändert.


 

Offener Brief
an den österreichischen Bundespräsidenten, Prof. Alexander van der Bellen,
Prof. Klaus Schwaighofer und ZIB 2-Moderator Dr. Armin Wolf

Ich begrüße Sie Herr Professor Van der Bellen, Herr Professor Schwaighofer und Herr Dr. Wolf.

Ende Januar, also vor mehr als drei Monaten, wurde ich durch ein Sondereinsatzkommando um etwa 04.00 Uhr in der Früh inhaftiert.

Nur einige Monate davor verstarb meine Gattin nach 17 Jahren Ehe im Alter von 35 Jahren nach einer neunjährigen Krebserkrankung an einem Gehirntumor. Sie hinterließ zwei minderjährige Kinder von 11 und 15 Jahren, die meine Inhaftierung durch die „Cobra“ auch miterleben mussten. Mit meiner Inhaftierung hatten diese beiden Kinder nach dem tragischen Verlust ihrer Mutter nun auch noch ihren Vater an das Gefängnis verloren.

Mit Interesse verfolgte ich den Beitrag der ZIB 2 vom 05.04.2017 unter der Moderation von Armin Wolf mit dem Thema „Wer ist ein Staatsfeind?“. Am Ende dieser meiner Schilderung werden Sie – so meine Hoffnung – besser verstehen, warum diese Debatte vor dem Hintergrund meines Falles hochaktuell ist. Sie werden vermutlich Dinge erfahren, von denen Sie bisher keine Kenntnis hatten und die zur Beurteilung der Gesamtlage von großer Bedeutung sind.

Die Vorwürfe gegen mich waren nicht nur bis ins Absurde konstruiert, sie zeigen auch deutlich auf, dass die Frage, ob es in Österreich eine Gesinnungsverfolgung gibt oder nicht, längst beantwortet ist – auch wenn die meisten Menschen davon gar nichts mitbekommen.

Mein Fall zeigt – wie Sie nun erfahren werden –, dass meine Aussagen in skandalöser Weise in ihr komplettes Gegenteil verkehrt sowie Beweise unterschlagen wurden, dass man haltlose Behauptungen ohne den Ansatz eines Beweises gegen mich vorbrachte und schließlich, dass es in Österreich gegenwärtig de facto eine Gesinnungsverfolgung gibt.

Mir ist schon klar, dass man meine Schilderungen nicht richtig beurteilen kann, solange man die Belege dafür nicht eingesehen hat. Ich verlange also von niemandem, meine Aussagen ungeprüft anzunehmen. Jedoch sollte man auch Verständnis dafür zeigen, dass ich in meiner Situation zunächst auf diese Missstände hinweisen muss. Darüber hinaus habe ich die Beweise, die meine Beschreibungen belegen, trotz schwerer Bedingungen in meinen Enthaftungsanträgen und Stellungnahmen klar dargelegt. Leider wurden diese aber konsequent ignoriert. Deshalb sah ich mich auch dazu gedrängt, ebendiesen Brief zu verfassen.

Ich bin ein Österreicher mit teilweise afghanischen Wurzeln. Meine Mutter ist Österreicherin. Als muslimischer Theologe, der sich mit islamischen Glaubensgrundlagen, islamischer Überlieferungsmethode und anderen theologischen Themen beschäftigt, publizierte ich mehrere Bücher in deutscher sowie in arabischer Sprache.

Eines dieser Bücher hatte das explizite – und bereits durch seinen Titel erkennbare – Ziel, theologisch fundiert alle existierenden kämpfenden Gruppierungen mit Islambezug offen wegen ihrer Fehler in den Glaubensfundamenten, hinsichtlich ihres Handlungskonzepts und im speziellen auch wegen ihrer deutlich abzulehnenden groben Verfehlungen[1] zu kritisieren. In jenem Buch, welches bis jetzt seit sieben Jahren durchgehend publiziert wird[2] sowie in anderen damaligen Publikationen kritisierte ich diese Gruppierungen heftig u.a. wegen ihrer Legitimation von Anschlägen, wegen des Tötens von Frauen und Kindern, der Leichenschändung usw. Trotzdem wird mir absurderweise vorgeworfen, ein Dschihadist zu sein!

Es liegt sogar eine Analyse meines Buches vor, die ein deutscher Verfassungsschutz veröffentlichte, in der eindeutig ausgesagt wird, dass ich mit diesem Buch in deutlicher Opposition zu solchen Gruppierungen stehe und ihr Grundkonzept sowie ihre Handlungen (z.B. Anschläge) ausdrücklich ablehne!

Ebenso wird mir unterstellt, ich sei eine Führungsperson des sogenannten „IS“, wobei ich diese Gruppierung im genannten Buch explizit kritisiert habe. Ebenso habe ich in einer eigenen Vortragsreihe die Taten des sogenannten „IS“ deutlich verurteilt!

• Man unterstellt mir weiter, einen direkten „Aufruf zur Gewaltanwendung“ getätigt zu haben, um die österreichische Rechtsordnung zu beseitigen und ihre Einrichtungen auf diese Art zu „zerstören“ und zu „vernichten“. Dieser Vorwurf steht bis jetzt haltlos im Raum und wurde durch keinen einzigen Beweis gestützt. So einen Beweis kann es auch gar nicht geben, weil in meinen Publikationen das genaue Gegenteil steht. Dies wiederum wird einfach ignoriert!

• Ich soll – so ein weiterer Vorwurf – Leute aus Graz für den „IS“ indoktriniert und angeworben haben. Auch hier wurde erstaunlicherweise darauf verzichtet, Beweise vorzulegen. Solche Beweise kann es ebenso nicht geben, weil ich zu den genannten Leuten nicht einmal Kontakt hatte! Die überwiegende Mehrheit von ihnen kenne ich gar nicht. Wenige davon traf ich vor über 10 Jahren (!) in einer Moschee, ohne private Kontakte mit ihnen zu pflegen. In den letzten zehn Jahren war ich zwei Mal in Graz. In der ganzen Zeit hatte ich keinen telefonischen, schriftlichen oder sonstigen Kontakt zu einer dieser Personen!

• Ich lebe schon seit Jahrzehnten im Rahmen der Rechtsordnung dieses Landes und bewegte mich bewusst – auch in meinen Publikationen – immer im Rechtsrahmen. Weder leistete ich Widerstand gegen Behörden, noch beleidigte ich sie in irgendeiner Weise. Vielmehr verhielt ich mich stets korrekt ihnen gegenüber und war immer zu einem ruhigen und sachlichen Gespräch bereit, was entsprechende Beamte auch bezeugen können.

Wie viele andere Menschen in diesem Land kann ich mich mit gewissen Aspekten dieses Systems nicht identifizieren. Nun wird mir jedoch vorgeworfen, ich lehne die hiesige Rechtsordnung ab und leiste dagegen Widerstand, in derselben Art, wie dies auch seit einiger Zeit von den sogenannten Reichsbürgern und vergleichbaren Bewegungen bekannt ist.

Wie kann das sein?! Auch ein überzeugter Monarchist kann sich innerlich mit diesem System nicht voll und ganz identifizieren. So etwas zu kriminalisieren, ist eindeutige Gesinnungsverfolgung – ich wurde sogar inhaftiert, ohne dass die jeweilige Gesinnung überhaupt kriminalisiert wurde!

Dies führt zwangsläufig dazu, dass die bloße kritische Haltung gegenüber gewissen Aspekten des geltenden Systems kriminalisiert wird, womit jeder Anspruch auf die behaupteten demokratischen Prinzipien und auf Rechtsstaatlichkeit ad absurdum geführt wird.

• Ein weiterer unhaltbarer Vorwurf lautet, ich hätte beste internationale Kontakte zu Dschihadisten. Guido Steinberg (Begutachter in dem Fall) erwähnte in einem seiner Bücher die angeblichen guten Kontakte von mir – jedoch ohne Dschihadismus-Bezug! Schon diese Behauptung Steinbergs, ich hätte zahlreiche internationale Kontakte, widerspricht der Realität völlig, weshalb er für seine Behauptung auch keinen einzigen Beweis anführen konnte.

Die Staatsanwaltschaft entwickelte diese falsche Behauptung hingegen noch weiter, sodass letztlich beste internationale Kontakte in die dschihadistische Szene der ganzen Welt konstruiert wurden.

Ich möchte an dieser Stelle ausdrücklich betonen, dass ich seit langer Zeit sehr zurückgezogen lebe und in der Regel nicht einmal innerhalb Österreichs gute Kontakte zu Menschen außerhalb meiner Familie pflege. Erst recht nicht entspricht die Realität dem Bild, das die Staatsanwaltschaft von mir zeichnen möchte. Es kann keinen Beweis für meine angeblichen guten internationalen Kontakte geben, da es diese schlichtweg gar nicht gibt.

Dass ich zurückgezogen lebe, ist allgemein bekannt. Es gibt sogar einige Personen, die dies über die Jahre immer wieder an mir kritisierten, worauf ich mich genötigt sah, zahlreiche Anmerkungen und sogar ein eigenes Buch darüber zu verfassen, warum ich keine Antworten gebe und keine Kontakte pflege. Tausende lesen meine Bücher sowie meine Webseite und können dies bestätigen.

Staatsanwalt Johannes W. unterstellt mir zudem beste Kontakte zur „Dschihad-Szene“ in Afghanistan, bloß, weil mein Vater von dort stammt!

Auch wenn es für all jene, die mit den Vorgängen der Staatsanwaltschaft nicht betraut sind, befremdlich klingen mag, aber es gibt dafür nicht mal den Ansatz eines Beweises. Diese Behauptung wurde – wie viele andere Behauptungen – tatsächlich einfach so in den Raum gestellt und ist ein bloßes Gedankenkonstrukt – nicht mehr. Ich habe mit dem Land, den Leuten und der Sprache so viel zu tun wie mit Timbuktu. Ich verstehe kein Wort der Landessprache, war seit dem zweiten Lebensjahr kein einziges Mal dort und hatte nie Kontakte zu irgendwelchen Afghanen auf der Welt, egal wo!

Ebenso werden mir beste Kontakte zum sogenannten „IS“ im Irak und in Syrien unterstellt. Ich kenne und kannte im gesamten Irak keinen einzigen Menschen und hatte niemals Kontakt dorthin. In Bezug auf Syrien verhält es sich nicht anders – bis auf eine einzige Person, mit der ich schriftlichen Kontakt (durch meine Webseite) hatte und welche sich auf Grund meiner Vorträge und Antworten vom sogenannten „IS“ abwandte! Letzteres ist belegt und wird einfach ignoriert.

• Gutachter Guido Steinberg unterstellt mir in einem seiner Bücher, ich gehöre einer Gruppe an, die die Mehrheit der Muslime zu Nichtmuslimen erklärt und ausdrücklich ihre Tötung legitimiert!

In zutiefst unwissenschaftlicher und grob fahrlässiger Weise bringt er keinen einzigen Beweis für seine haltlose Behauptung.

Er erwähnt mich dabei mit vollem Namen. Kann es sich hierbei um etwas anderes als um klaren Rufmord und eindeutige Verleumdung handeln? Wenn jemand dafür eine andere plausible Erklärung finden kann, so bin ich gerne bereit, mir diese anzuhören.

Ich und andere schrieben ihn diesbezüglich schon vor Jahren an. Es gab nie eine Antwort. Wie neutral und unvoreingenommen wird sein Gutachten in meinem Fall sein können?

• In Anlehnung an die mir vorgeworfene „Ablehnung der Rechtsordnung“ im Sinne der „Reichsbürger“ wird mir auch die Gründung einer „Parallelgesellschaft“ vorgeworfen. Ich habe niemals annähernd versucht, eine alternative Rechtsordnung oder auch nur Ähnliches zu etablieren. Ich lebe seit Jahrzehnten integriert in dieser Gesellschaft, ohne mit dem Gesetz jemals in Konflikt geraten zu sein. Zudem pflege ich – wie bereits erwähnt – seit langem eher wenige Kontakte zu anderen Menschen, was auch gesundheitsbedingt ist.

Wie soll in meinem Fall nun die Gründung einer Parallelgesellschaft praktisch aussehen – ein zudem populistischer und quasi endlos dehnbarer Begriff. Oder sollen nun Dinge wie die Mediation – also die aussöhnende Vermittlung – zwischen Ehepartnern auch kriminalisiert werden? Der Vorwurf ist lächerlich.

Für keinen einzigen der genannten Vorwürfe wurden Beweise und Fakten erbracht, um diese zu untermauern. In skandalöser Weise wurde die Inhaftierung aber trotzdem fortgesetzt und die Gesinnungsverfolgung weiter betrieben – so als gäbe es tatsächlich ein Fundament an Belegen und Beweisen.

Es kann schon sein, dass meine Abhandlungen in Relation zum „islamischen Mainstream“ vor allem in Europa – hinsichtlich theologischer Standpunkte – eine Randposition einnehmen, aber das macht sie noch nicht kriminell!

• An einer Stelle erklärte ich in meinen Büchern, die Standardlehrmeinung der islamischen Theologen seit Anbeginn wiedergebend, dass der Muslim alle dem Islam grundlegend widersprechenden Wege, Überzeugungen und Handlungen innerlich als falsch befinden und dagegen innerlich eine gewisse Abscheu und eine Abneigung im religiösen Sinne hegen muss. Dies ist etwas, das es selbstverständlich ebenso im Juden- und Christentum gibt.

Ich wies an genau jener Stelle im Buch ausdrücklich darauf hin, dass diese Form der Abneigung im religiösen Sinne eine weltliche Zuneigung nicht ausschließt und einer friedlichen Koexistenz in der Gesellschaft nicht im Wege steht! (Auch dieser entscheidende Hinweis von mir wurde einfach ignoriert, wobei ich genau an jener Stelle eine Fußnote setzte!)

Wie sollten Ehepartner unterschiedlicher Religion sonst eine Ehebeziehung pflegen? Und wie wäre es sonst möglich, dass Muslime und Nichtmuslime unter islamischer Regierung in der Geschichte häufig ohne Probleme zusammenlebten. Wie wäre es zudem sonst möglich gewesen, dass sich Nicht-Muslime – wie mehrfach geschehen – in muslimische Länder flüchteten und quasi nur dadurch der Auslöschung entgingen?!

• Ebenso erklärte ich den unumstrittenen Grundsatz, dass das, was bei den Menschen allgemein und in Übereinstimmung als Unrecht angesehen wird, nach Möglichkeit mit der Zunge verurteilt oder der Hand beseitigt werden soll. Auch dies ist seit jeher ein festes islamisches Grundprinzip.

Dieser Grundsatz kann auch aus dem Juden- und Christentum nicht weggedacht werden. Wie kann man nun die Formulierung „nach Möglichkeit“ mit dem Verüben von Bombenattentaten gleichsetzen?! Das ist ohne Zweifel völlig irrsinnig!

Solche klaren Verdrehungen sind nicht nur absurd, sondern auch in hohem Maße gefährlich, wie man am Beispiel meines Falles sieht, da sie dem Machtmissbrauch Tür und Tor öffnen.

Der islamische Prophet lebte 13 Jahre unter den Götzendienern, ohne diesen oder ihren Götzen ein Haar zu krümmen, wobei die theoretische „Möglichkeit“ zu Gewaltakten mit Sicherheit bestand.

Wo schreibt der Islam eine Veränderung der Gesellschaft in dieser Art vor? Und wo habe ich so etwas gesagt? Vernunftgemäß kann man eine Veränderung der Denkweise der Menschen nicht erzwingen – schon gar nicht auf so einem Wege.

Wenn solche allgemeinen Prinzipien, die im Grunde bei allen islamischen Strömungen seit jeher anerkannt sind, als Rechtsbruch deklariert werden können, führt dies zu einer Kriminalisierung der islamischen Theologie an sich!

In meinem Fall kommt hinzu, dass man die angesprochenen allgemeinen Prinzipien zudem im Gegensatz zu all meinen erklärenden Äußerungen zu genau diesen erwähnten Prinzipien auslegt!

Die gesamte in diesem Brief beschriebene Vorgehensweise, die dazu führte, dass mich meine beiden Halbwaisenkinder an das Gefängnis verloren haben, ist zutiefst unwissenschaftlich, stümperhaft und hochgefährlich. Jedoch wird bei näherer Betrachtung schnell klar, dass hier mehrfach mit Vorsatz gehandelt wurde und eine solche Masse an unhaltbaren Vorwürfen sicher nicht nur mit bloßer Fahrlässigkeit oder fehlerhafter Arbeitsweise zu erklären ist.

Mir war bis jetzt nicht klar, dass man in Österreich Leute auf der Grundlage von haltlosen Spekulationen und ohne die Erbringung von Beweisen inhaftieren kann.

Muss eine „dringende Tatbegehungsgefahr“ bei Muslimen nun nicht mehr klar belegt werden? Welche „Tat“ soll bei mir konkret gebannt werden? Weiter schriftlich und mündlich gegen die oben erwähnten kämpfenden Gruppierungen zu argumentieren?!

Wenn zudem 14 Leute in diesem Zuge festgenommen wurden, kann man die einzelne Person, selbst wenn der Bezug zum Fall offensichtlich konstruiert ist, mit dem Vorwand der langen Bearbeitungszeit sehr lange festhalten – und das, ohne die angebliche „dringende Tatbegehungsgefahr“ überhaupt belegt zu haben!

Solche Methoden öffnen einer Gesinnungsverfolgung Tür und Tor, weil auf diesem Wege eine Inhaftierung unliebsamer Personen über einen längeren Zeitraum ermöglicht wird – und dies aufgrund von Vorwürfen, die während der gesamten Haftzeit gar nicht belegt werden und offenbar auch gar nicht belegt werden müssen! 

Da muss man nicht erst auf die Türkei oder Russland zeigen und sie als autoritär brandmarken, weil sie – gemäß dem Narrativ der meisten österreichischen Medien – unliebsame Personen ohne tatsächlichen Beleg mit dem Vorwand der „terroristischen Vereinigung“ aus dem Verkehr ziehen.

Warum in die Ferne schweifen, wenn es das in Österreich vor Ort gibt! Bei (prowestlichen) Journalisten besinnt man sich täglich auf die eigenen angeblichen Prinzipien und ist ganz groß im Einfordern, aber bei Muslimen im eigenen Land sind offenbar viele der Meinung, dass es ohnehin besser ist, wenn man die zum Schweigen bringt.

Die Energie des Rechtspopulismus in der westlichen Welt entlädt sich derzeit am Islam und seinen Anhängern. Jene werden als Sündenböcke für zahlreiche Missstände angesehen. Wenn man keine Grenzen definiert, oder bereits definierte Grenzen nicht einhält, dann wird diese Entladung völlig unkontrolliert weitergehen. Irgendwann wird es für Maßnahmen der Eindämmung und Schadensbegrenzung zu spät sein und nichtmuslimische Kritiker von Missständen können sich dann bei den Muslimen gleich dazustellen. Und wer weiß, ob es danach dann wieder heißt: „Wir haben ja nicht gewusst …“

Wenn Sie, Herr Professor Schwaighofer, über den §246a schon mit großer Besorgnis von einem „gefährlichen Präzedenzfall“ sprachen, der „entschieden abzulehnen“ sei, was muss dann erst in meinem Fall gesagt werden, in dem das von Ihnen Befürchtete schon eiskalte Praxis ist?

Bleibt mir schließlich die Hoffnung, dass Leute wie Sie, Professor Van der Bellen, Professor Schwaighofer und Dr. Wolf, die neben dem intellektuellen Niveau auch das notwendige Verständnis und die Bereitschaft mitbringen, diesbezüglich aus der Geschichte die Lehre zu ziehen, solchen Vorgängen die entsprechende Aufmerksamkeit entgegenbringen.

Vielleicht ist es in Österreich doch noch möglich, dass ein unrechtmäßig inhaftierter Vater zu seinen beiden Kindern zurückkehren kann, wenn schon ihre Mutter mit Sicherheit nicht mehr zurückkehren wird.

Ich verbleibe mit Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Geschrieben durch die Gnade unseres Herrn in der Justizanstalt Josefstadt am 05.04.2017,

      F. Qarar

  
— Fußnoten —

[1] Ich habe hier explizit erwähnt, wie umfassend meine Kritik an diesen Gruppen war, da mir auch der Vorwurf gemacht wurde, ich hätte diese Gruppen ausschließlich wegen ihrer Glaubenslehre kritisiert und nicht wegen ihrer verwerflichen Handlungen und Gräueltaten. Die Aussagen in meinen Büchern und Vorträgen belegen zahlreich das Gegenteil. Auch sie wurden – wie so viele andere Dinge – vehement unterschlagen.

[2] Zum Zeitpunkt meiner Haft und der ersten Veröffentlichung dieses offenen Briefes. Alle meine Bücher werden seit meiner Verhaftung von mir nicht mehr zur Verfügung gestellt. Ich habe sie alle ausnahmslos zurückgezogen, vor allem auch als Reaktion auf die absurden Verdrehungen der von mir publizierten Inhalte.