Völlige Unterschlagung der Zeugenaussage eines LVT-Beamten
Eine der wohl extremsten Unterschlagungen von erheblichen Beweismitteln durch den Staatsanwalt Johannes W. dreht sich um die Aussage des Beamten K. vom LVT-Wien (Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung).
Dieser LVT-Beamte K. kannte Herrn Qarar schon jahrelang und suchte ihn mehrfach zum persönlichen Gespräch auf. Ebenso observierte er ihn über viele Jahre, darunter auch der gesamte von Staatsanwalt Johannes W. benannte angebliche Tatzeitraum!
Bei einer Zeugenvernehmung jenes Beamten K. entlastete dieser Herrn Qarar auf voller Linie. Durch seine Aussagen wurden alle Behauptungen des Staatsanwalts Johannes W. fundamental widerlegt. Schließlich observierte der Beamte K. Herrn Qarar über den gesamten Zeitraum und konnte trotzdem keine der Behauptungen des Staatsanwalts in irgendeiner Weise bestätigen!
Vielmehr widersprach er den haltlosen Behauptungen des Staatsanwalts eindeutig, wie aus der folgenden tabellarischen Auflistung zu entnehmen ist:
Tabellarische Gegenüberstellung:
Behauptungen des Staatsanwalts Johannes W. – Zeugenaussage des LVT-Beamten K.
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Zeugenaussage des LVT-Beamten K. |
Laufende Kontakte zu Dschihadisten. |
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Hat Leute für den IS angeworben. |
• Konkrete Aufrufe zur Teilnahme an den Kampfhandlungen in Syrien durch Vertreter dieser Gemeinschaft nicht bekannt! • „Befürwortungen des bewaffneten Jihads“ in der gesamten Gemeinde nicht bekannt! • Moschee unterstützte Veranstaltung von Mirsad O. und Gleichgesinnten nicht. • Qarar „trat glaubwürdig gegen jede jihadistische Agitation in der Moschee UND seinem Umfeld auf.“ • Laufend Medienauftritte der Moschee bzw. von Qarar mitverfolgt. „Dabei konnten aber niemals Passagen festgestellt werden, die als pro-jihadistisch zu werten waren.“ |
Ist ein Dschihadist. |
Siehe oben. |
Die Moschee war ein IS-Stützpunkt. |
Siehe oben. |
Schwer kriminell, ruft auf und stiftet an zur „massenhaften Ermordung Unschuldiger“! |
„Aus den Inhalten ergaben sich keine strafrechtlich relevanten Umstände, die einen Anfangsverdacht für gerichtliche Maßnahmen dargestellt, bzw. Ermittlungen im Sinne der StPO gerechtfertigt hätten.“ |
Bildete staatsfeindliche Verbindungen. |
Es ergaben sich keine strafrechtlich relevanten Umstände … (Siehe oben). |
Gehörte krimineller Organisation an bzw. führte diese sogar an. |
Es ergaben sich keine strafrechtlich relevanten Umstände … (Siehe oben). |
Gründete und führte eine IS-Zelle. |
Es ergaben sich keine strafrechtlich relevanten Umstände … (Siehe oben). |
Die Aussagen des LVT-Beamten K. im Detail
Nun die Aussagen des LVT-Beamten K. im Detail und Wortlaut:
(Siehe Auszug aus dem Original der Zeugenvernehmung bei jeder einzelnen Aussage. Quelle: Ermittlungsakt (xx St xx/xxy), Ordnungsnummer ON xxx, Befragung des Beamten K. vom LVT-Wien am 29.3.2017 auf Verlangen von Herrn Qarar, ab S. 4 (Nummerierung der pdf-Datei)):
Aussage 1) Frühjahr 2013: „Bis zu diesem Zeitpunkt wurden dem ho. Referat keine Personen aus dem Umfeld der Al-Iman-Moschee bekannt, die sich dem bewaffneten Jihad in Syrien angeschlossen haben. Befürwortungen des bewaffneten Jihads bzw. konkrete Aufrufe zur Teilnahme an den Kampfhandlungen in Syrien durch Vertreter dieses Jamaats[1] (Anm.: dieser Gemeinschaft) wurden bis zu diesem Zeitpunkt nicht bekannt.“ (S. 4)
Aussage 2) 11.10.2013: Offener Sicherheitsdialog mit Hr. Qarar einen Tag vor einer Benefizveranstaltung zu Gunsten Syriens, zu welcher Hr. Qarar dem Beamten K. gegenüber angab – wie K. an dieser Stelle aussagt –, „dass diese Veranstaltung vom Mesjid El-Iman (Anm.: des Moscheevereins „Al-Iman“, „Mesjid“ für Moschee.) nicht unterstützt würde, zumal sie von Mirsad O. (Ebu T.), Abu D. u.a. der gleichen Gesinnung zugeordneten Personen organisiert wäre.“
Es würden Gruppierungen unterstützt, „mit denen der Mesjid El-Iman nicht in Zusammenhang gebracht werden möchte. Es gab im Mesjid keine Aufrufe zur Teilnahme bzw. Unterstützung dieser Veranstaltung. Die Ablehnung der Unterstützung der salafistischen Benefizveranstaltung am 12.6.2013 durch den Mesjid El-Iman wirkte authentisch, zumal er (Anm.: also Hr. Qarar) laufend Probleme mit der religiösen Linie von Mirsad O. (Ebu T.) hatte und diese Veranstaltung von dieser Gruppe organisiert wurde.“ (S. 4)
Im Anschluss daran heißt es weiter auf Seite 6:
Aussage 3) „Seine Distanzierung zu Mirsad O. (Ebu T.) erstreckte über [sic] den gesamten Zeitraum der direkten Kontakte zwischen dem Unterfertigten (Anm.: also dem Beamten K.) und Qarar. Er trat glaubwürdig gegen jede jihadistische Agitation im Mesjid bzw. seinem Umfeld auf.“! (S. 6)
Aussage 4) Nach der Schließung des Moschee-Vereins Al-Iman (Dem LPD-Wien bekanntgegeben am 30.6.2015) „zog sich Qarar völlig aus der Szene zurück und war nur mehr für sehr enge Freunde erreichbar. In dieser Zeit hatte sich auch der Gesundheitszustand“ seiner Frau[2] „drastisch verschlechtert und soll er sich fast ausschließlich familiär beschäftigt haben. Es gab in dieser Zeit keinen persönlichen Kontakt mehr zwischen dem Gefertigtem [sic] und Qarar, zumal es keine Erkenntnisse zu etwaigen Aktivitäten von ihm in dieser Zeit gab, über welche man sich hätte unterhalten können.“! (S. 6)
Aussage 5) „Ob es laufende Verbindungen zwischen Qarar und Mesjids in Graz gegeben hat, ist ha. nicht bekannt. Im Rahmen der direkten Gespräche mit ihm war dies jedoch nie Thema, zumal ha. auch keine verwertbaren Erkenntnisse darüber vorlagen.“! (S. 6)
Aussage 6) „Im Zuge der Referatstätigkeit wurden laufend die Medienauftritte des Mesjid El Iman bzw. von Qarar mitverfolgt. Dabei konnten aber niemals Passagen festgestellt werden, die als pro-jihadistisch zu werten waren. Aus den Inhalten ergaben sich keine strafrechtlich relevanten Umstände, die einen Anfangsverdacht für gerichtliche Maßnahmen dargestellt, bzw. Ermittlungen im Sinne der StPO gerechtfertigt hätten.“! (S. 7)
Was das heißt!
Dass Staatsanwalt W. ALLE diese Aussagen mit keinem Wort erwähnt hat, seit der LVT-Beamte K. befragt wurde, bei all seinen Beschlüssen und Anträgen, bei der Verlängerung der U-Haft Qarars und dann schließlich auch in der Anklageschrift von 300 Seiten, also bis heute mit keinem Wort … ist skandalös.
Wenn es dafür keine andere plausible Erklärung gibt, was schwer vorstellbar ist, kann es sich hierbei nur um eine eindeutige Unterschlagung von erheblichen Beweismitteln handeln, die der Darstellung des Staatsanwalts Johannes W. unwiderlegbar widersprechen.
Alleine durch die Verwendung der Suchfunktion in der Anklageschrift lässt sich dies leicht eruieren. Der Name K. kommt nur ein einziges Mal vor, und zwar als für Qarar vorgeladener Zeuge.
Dem konnte sich Staatsanwalt W. natürlich nicht erwehren, da diese Bestellung nicht von ihm, sondern von der Seite der Verteidigung vorgenommen wurde. Aber bei seinem gesamten Pochen auf die Fortsetzung der damaligen U-Haft und auf eine neuerliche Inhaftierung, möglichst auch für sehr lange Zeit, unterschlug Staatsanwalt Johannes W. die Aussagen des Beamten K. völlig!
Die gesamte erdachte Geschichte des Staatsanwalts W. ist fundamental widerlegt durch die Aussagen dieses Beamten – mal abgesehen von den zahlreichen anderen Fakten, die seine Behauptungen widerlegen.
Trotzdem fuhr Staatsanwalt Johannes W. mit seiner Geschichte einfach fort! Dies ganz offensichtlich deshalb, um Herrn Qarar maximal zu schaden und weil er offenbar dachte, dass man das mit den „unfähigen Islamisten“ machen könne, da sie sich ohnehin niemals wehren würden. Er dachte wohl, all diese Dinge kämen niemals heraus.
Es wird hier in Bezug auf die Person des Staatsanwalts auch die Frage zu stellen sein, wie oft Johannes W. ein derartiges Verhalten, welches sich im Fall Qarar unzählige Male wiederholt, schon an anderer Stelle an den Tag gelegt hat. Dies wird jedoch von anderer Seite zu prüfen sein.
Wo war das Oberlandesgericht (OLG) Graz?
Hier muss sich auch die Frage stellen, wo denn das OLG Graz war, als es beim Beschluss der Verlängerung der U-Haft und auch danach all dies einfach durchgehen ließ!
Diese Einvernahme des Beamten K. fand am 29.03.2017 statt. Am 03.04.2017 wurde von ebendiesem OLG die Haft Qarars verlängert. Schließlich blieb er in Haft bis Anfang Juni!
Das alles mal ganz abgesehen von der Absurdität jenes Beschlusses des OLG Graz selbst, der bei jedem vernünftigen Betrachter nur Kopfschütteln hervorrufen konnte, so auch bei dem mit dem Fall befassten Rechtsanwalt, der diesen Beschluss – gemäß uns vorliegenden Informationen – „einfach nur absurd“ nannte.
Enthaftung Qarars wegen dieser Zeugenaussage – trotzdem neuerlicher Haftantrag?!
Anfang Juni 2017 wurde Herr Qarar schließlich enthaftet. Ganz offensichtlich spielte dabei die hier thematisierte Zeugenaussage des Beamten K. eine wichtige Rolle.
Bei der entsprechenden Haftverhandlung war weder die bis dahin mit dem Fall befasste Richterin Frau Andrea Sch.-W. anwesend noch Staatsanwalt Johannes W. Die Vertretung der Richterin Sch.-W. entschuldigte sich ebenfalls – gemäß der Schilderung von Qarars Rechtsanwalt Dr. Blaschitz. Ganz offensichtlich waren sich diese Personen – einschließlich des Staatsanwalts selbst – schon der Tatsache bewusst, dass die haltlosen Theorien der Staatsanwaltschaft vor dem Hintergrund dieser Aussage des Beamten K. nicht haltbar sein werden!
Umso absurder, dass Staatsanwalt W. mehr als zwei Jahre später einfach wieder die Haft Qarars anordnete, wobei er nach wie vor keinen einzigen Beweis erbrachte, dafür aber wiederum diese Aussagen des LVT-Beamten K. unterschlug!
Unterschlagung erheblicher Beweismittel
Unter Anwendung klar suggestiver Methoden wiederholt Staatsanwalt W. in seiner Anklageschrift unzählige Male – trotz seiner genauen Kenntnis dieser Zeugenaussage des Beamten K.! – die absurde Darstellung Qarars als Top-Terroristen und IS-Kommandanten und des Moschee-Vereins Al-Iman als „IS“-Stützpunkt.
Demgegenüber erwähnte er die Aussagen des Beamten K. mit keinem Wort!
Kann es sich hierbei um etwas anderes handeln als um eine ganz klare Unterschlagung erheblicher Beweismittel, durch welche die gesamte Sachlage umgekehrt darstellt wird?
Es lässt sich schwerlich eine andere plausible Erklärung finden als, dass Johannes W. nicht bloß auf seiner Unterschlagung beharrte, sondern dies auch vorsätzlich tat, um seine völlig konstruierte Geschichte aufrechtzuerhalten und Herrn Qarar möglichst großen Schaden zuzufügen.
Falls irgendein Jurist oder Leser dieser Seite eine andere Erklärung für das Vorgehen des Staatsanwalts hat, bitten wir ihn, uns diese Erklärung mitzuteilen.
Es geht hier um Handlungen, die im Konsens jeder Auffassung von Gerechtigkeit (!) verwerflich, unmoralisch und falsch sind. Wäre alleine dieser Zeugenaussage von K. Rechnung getragen worden, hätten die Vorwürfe gegen Herrn Qarar überhaupt nicht bestehen können!
Wenn die österreichische Jurisprudenz ein gewisses Mindestmaß an Unvoreingenommenheit und Fairness einhalten will, müsste sie diese Missstände ohne Zweifel umgehend prüfen UND die Haftanordnung gegen Herrn Qarar müsste darüber hinaus sofort fallengelassen werden.
Eine Machtstellung darf nicht missbraucht werden
Wenn man in Österreich einen Menschen in der Position eines Staatsanwalts kritisiert, dann erlebt man von jeder Seite, egal ob von Journalisten, Juristen oder sonstigen Personen, eine ängstliche Reaktion.
Es handelt sich bei einem „Staatsanwalt“ ohne Zweifel um einen Menschen in einer Machtposition in jedem System. Wenn solche Machtpositionen über jede Kritik erhaben sind, kann ein solches System niemals den Anspruch erheben, einigermaßen gerecht und fair zu sein – ganz egal ob es vor tausenden Jahren bestand oder heute existiert.
Ein Machtmissbrauch von jemandem, der eine solche Position innehat, müsste mit äußerster Vehemenz abgelehnt und angeprangert werden, da unlautere Vorgehensweisen in so einer Position nicht mit ähnlichen Taten des herkömmlichen Bürgers gleichgesetzt werden können.
Machtmissbrauch müsste in Staaten, die von sich ganz groß behaupten, in Sachen Gerechtigkeit eine Führungsrolle in der Welt einzunehmen, besonders im Auge behalten werden.
Im österreichischen Strafgesetz heißt es z.B. in § 302 des Strafgesetzbuches (StGB):
„Mißbrauch der Amtsgewalt:
(1) Ein Beamter, der mit dem Vorsatz, dadurch einen anderen an seinen Rechten zu schädigen, seine Befugnis, im Namen des Bundes, eines Landes, eines Gemeindeverbandes, einer Gemeinde oder einer anderen Person des öffentlichen Rechtes als deren Organ in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, wissentlich mißbraucht, ist mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu bestrafen.“
Massenhaft Steuergelder für derartige Konstruktionen?
Staatsanwalt Johannes W. erstellte eine Anklageschrift enormen Umfangs – vom Journalisten der österreichischen Tageszeitung „Die Presse“ Manfred Seeh zurecht als Anklageschrift epischen Ausmaßes bezeichnet!
Man stellt sich die Frage, ob die Österreicher und Österreicherinnen ihre Steuergelder in dieser Art verschleudert sehen wollen, damit sich Staatsanwalt Johannes W. einmal mehr als Retter des Abendlandes in Szene setzen und mit seiner 800-Mann-Razzia und seinem „Monster-Prozess“ ein wenig Geschichte schreiben kann – oder damit irgendwelche ÖVP-Politiker, wie der damalige ÖVP-Innenminister Wolfgang Sobotka, sich medienwirksam auf die eigene Schulter klopfen und ihre Partei als die „Aufräumer-Partei“ darstellen können.
— Fußnoten —
[1] Sämtliche hier erwähnten Zitate sind in Belangen des Stils, des Satzbaus, der Rechtschreibung und des Formats ohne Veränderung aus dem Original übernommen worden.
[2] An dieser Stelle ist ein Fehler im Original. Es wurde ein falscher Name genannt!
Die Frau von Herrn Qarar litt zu diesem Zeitpunkt schon seit acht Jahren an Krebs (Gehirntumor), an dem sie genau 11 Monate später, am 30.05.2016, verstarb.